BURNOUT

WAS IST EIN BURNOUT?

  • Der Begriff Burnout (to burn out: „ausbrennen“) wurde von dem deutsch-amerikanischen Psychotherapeuten Herbert Freudenberger im Jahr 1974 erstmals verwendet. Die aktuelle Forschungslage definiert den Begriff heute als einen „Risikozustand“: eine Überlastungsreaktion beruflich geforderter Menschen, die einhergeht mit einem vielfältigen aber unspezifischen Beschwerdebild sowie einem erhöhten Risiko nachfolgender psychischer (insbesondere Depressionen) und körperlicher Erkrankungen (z.B. Herzerkrankungen).
  • Menschen, die unter einem Burnout leiden, berichten von einer emotionalen Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit, von Energiemangel, Antriebsverlust, Lustlosigkeit, Schlafstörungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Entscheidungsschwierigkeiten, Gleichgültigkeit, Verlust von Empathie, Zunahme an (verbaler) Gereiztheit und Aggressivität, Vernachlässigung von privaten Verpflichtungen, Sozialkontakten und Hobbies, Ruhelosigkeit, körperlichen Beschwerden, Zukunftssorgen oder –ängsten, negativen Gedanken, Zynismus, Verbitterung, Selbstabwertungen sowie in schweren Fällen von Suizidgedanken. Nicht selten geht eine bestehende Arbeitsunfähigkeit einher.
  • Die Symptomatik ist per Definition auf eine berufliche Überbelastung zurückzuführen. Meist wird dies durch externe Stressfaktoren ausgelöst, die aufgrund verminderter Belastbarkeit oder eingeschränkter Problemlösekompetenzen nicht hinreichend bewältigt werden können. Daher werden neben einer von der Symptomatik ausgehenden Diagnostik auch ätiologische Faktoren (interne Stressverstärker) berücksichtigt.

MÖGLICHE STRESSVERSTÄRKER (NACH KOCH ET AL., 2015)

VERLAUF UND DIAGNOSTISCHE EINORDNUNG EINES BURNOUTS (NACH ICD-10: Z73.0)

  • Ein Burnout ist oft der Endzustand einer beruflichen Entwicklung, die mit idealistischer Begeisterung beginnt und über frustrierende Erlebnisse und verschiedensten engagierten, aber erfolglosen Lösungsversuchen zu den Beschwerden und weiter zu psychosomatischen Erkrankungen wie Depression, einer erhöhten Suchtgefährdung oder Suizidalität führt.
  • Die wenigen epidemiologischen Studien weisen darauf hin, dass 10-30 % der befragten Personen sich als „ausgebrannt“ oder „in einem Stadium des Burnout-Prozesses befindlich“ einstufen.
  • Bis heute fehlen klar definierte Kriterien zur Beschreibung einer entsprechenden psychischen Diagnose im Sinne des F-Kapitels im ICD-10. Daher stellt Burnout noch keine anerkannte psychische Störung dar, sondern gilt als Zustandsbeschreibung und kann im ICD-10 mit der Zusatzcodierung Z73.0 Erschöpfungssyndrom (Burnout-Syndrom) codiert werden.
  • Um diese Zusatzcodierung zu verwenden, sind sowohl somatische Ursachen (wie z.B. Anämie, Eisen- oder Vitamin-D-Mangel, Hypothyreose, Diabetes, Medikamentennebenwirkungen etc.) sowie andere psychische Erkrankungen (wie z.B. Depression, Angststörungen, traumareaktive Störungen, Insomnie, Substanzmissbrauch etc.) auszuschließen.
  • Unterstützend zu der Befunderhebung können der Possnig Burnout Selbsttest, das Maslach Burnout Inventory (MBI) sowie der Fragebogen zum Arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM) herangezogen werden.

WIE ENTSTEHT EIN BURNOUT?

  • Ursächlich für die Entwicklung eines Burnouts ist immer beruflicher Stress. Jedoch herrscht sowohl wissenschaftlich wie auch unter den Betroffenen wenig Konsens darüber, was Stress eigentlich ausmacht. Dies wird subjektiv sehr unterschiedlich erlebt, entsprechend fehlt aktuell ein umfassendes theoretisches Rahmenkonzept zu beruflichem Stress.

Als wichtigste Einflussfaktoren auf chronischen beruflichen Stress beschreiben Koch et al. (2015):

  • Stressoren: unsicherer Arbeitsplatz, hoher Arbeitsumfang und –tempo, überlange Arbeitszeiten, Termindruck, Lärm, etc.
  • Kontrolle: stark eingeschränkte Entscheidungsfreiheiten oder Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten zu nutzen und weiterzuentwickeln
  • Passung: geringe Übereinstimmung zwischen persönlichen Fähigkeiten und Anforderungen des Arbeitsplatzes, besonders geringe Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung
  • Gerechter Austausch: zu hohe Verausgabung im Verhältnis zur nachfolgenden Gratifikation
  • Wertschätzung und Selbstwert: Missachtung und Herabwürdigung durch andere, fehlende Wertschätzung durch Vorgesetzte, negative oder kritische Art der Selbstbewertung
  • Ressourcen: fehlende soziale Unterstützung oder berufliche Erfolge, fehlende Unterstützung in Überforderungssituationen
  • Erholung und Regeneration: Ausmaß und Angemessenheit von Erholungsphasen sind zu gering, resultierendes negatives Erholungserleben, mangelnde gedankliche Distanzierung, nicht-erholsamer Schlaf
  • Stresskognitionen und Bewältigung: stressverschärfende Gedanken und Einstellungen bezogen auf die Qualität der Arbeit, Umgang mit Misserfolgen, eingeschränkte Breite und Flexibilität von Stressbewältigungskompetenzen
  • Übergang und Integration von Lebensbereichen: zunehmende Durchlässigkeit von Arbeit und anderen Lebensbereichen und Arbeit-Familie-Konflikten

All diese Einflussfaktoren gelten als schwerwiegend, aber bewältigbar. Viele Menschen erleben in ihrem Berufsleben ein oder mehrere Phasen mit verschiedenen dieser Problembereiche. Allerdings entwickelt nicht jeder der Betroffenen ein Burnout. Die zentrale Frage ist also, was Burnout-Patienten „anders“ machen als betroffene Personen, die kein Burnout entwickeln.

Hierzu empfehlen Koch et al. (2015), die verschiedenen Einflussbereiche im Rahmen einer Stressanamnese genau zu explorieren und die gewonnenen Informationen in drei Bereiche einzuordnen:

  • Stressauslösende Arbeitsplatzbedingungen
  • Individuelle Stressbewältigung
  • Stressreaktionen

Hieraus lässt sich ein individuelles Störungsmodell erarbeiten, welches dem Patienten neben den auslösenden Bedingungen auch die aufrechterhaltenden Faktoren aufzeigt. Beispielsweise kann sich zeigen, dass Grübeln, Rückzugsverhalten und Resignation zu weiterer Lustlosigkeit und Passivität führen, welche wiederum Konflikte am Arbeitsplatz bedingen und sich dadurch die subjektiv erlebte Ausweglosigkeit der Situation scheinbar bestätigt und zu weiterer Resignation und Rückzugsverhalten führt – ein Teufelskreis!

WIE ERFOLGT DIE BEHANDLUNG EINES BURNOUTS?

  • Im verhaltenstherapeutischen Vorgehen steht immer die Bearbeitung von langfristig ungünstigen Problemlösestrategien einer betroffenen Person in schwierigen Situationen im Vordergrund. Ausgehend von dem Modell der aufrechterhaltenden Bedingungen wird in der Verhaltenstherapie davon ausgegangen, dass die individuellen Bewältigungsstrategien einer betroffenen Person (z.B. Grübeln, Rückzug und Resignation oder übermäßige Leistungsbereitschaft) zwar kurzfristig einen positiven Effekt hat (z.B. Konfliktvermeidung, scheinbare Entlastung und Erholung, höheres Erfolgserleben etc.), langfristig aber keine nennenswerten Verbesserungen erbringen, sondern ein Teufelskreis entsteht, der eine Chronifizierung bedingt.
  • Das heißt, ausgehend von der oben dargestellten Stressanamnese wird geschaut, welche günstigen und ungünstigen Bewältigungsformen der Betroffene zur Bewältigung des Stresserlebens einsetzt. Dabei werden vier Ebenen berücksichtigt: die Kognitionen, die Emotionen, das körperliche Erleben sowie das konkrete Verhalten. Diese bilden die Ansatzpunkte zur Verhaltensänderung sowie zu einer nachhaltigen Verbesserung der individuellen Stressbewältigungskompetenzen.

Ziele der Behandlung:

  • Aufbau einer vertrauensvollen therapeutischen Arbeitsbeziehung
  • Psychoedukation zum Thema Stress und Entwicklung eines individuellen Krankheitsmodells mit Hilfe der Stressanamnese und Selbstbeobachtungsbögen
  • Identifikation individueller (externer) Stressoren, Analyse von Stressreaktionen und Benennung der individuellen dysfunktionalen Stressbewältigungsstrategien
  • Aufzeigen des Teufelskreislaufs und Ableitung von individuellen funktionalen Bewältigungsstrategien wie z.B.: Distanzierung vom überhöhten Leistungsanspruch, Modifikation von stressverstärkenden Kognitionen; Reduktion des Grübelns; Abbau von Schon- und Vermeidungsverhalten, Förderung der sozialen Kompetenzen und Problemlösefähigkeiten; Verbesserung der Konfliktlösekompetenzen; Förderung von Fertigkeiten der beruflichen Selbstwertschätzung; Förderung von Erholungswissen, Verbesserung der Balance zwischen Aktivitäts- und Ruhephasen; Aufbau positiver Aktivitäten zur verbesserten Regenerationsfähigkeit, Reaktivierung von Ressourcen; Erlernen von Entspannungsverfahren, Verbesserung der Genussfähigkeit und Selbstfürsorge; Förderung der Erholsamkeit des Schlafes, Verbesserung der Schlafhygiene; Verbesserter Umgang mit Kränkungen; Definition und Neuorientierung bzgl. der Wertigkeit von Arbeit und Regeneration;
  • Rückfallprophylaxe: Sensibilisierung für Signale der Überlastung durch Achtsamkeit, Erkennen von Frühwarnsymptomen, Entwicklung eines individuellen Notfallplans

Somit ist das therapeutische Vorgehen immer individuell ausgerichtet und orientiert sich an der spezifischen Situation des jeweils betroffenen Patienten.

Ziel der verhaltenstherapeutischen Behandlung ist aber immer, die Symptomatik zu reduzieren, die subjektiv erlebte Lebenszufriedenheit zu erhöhen, die berufliche Selbstwirksamkeit zu steigern, die Rückkehr in das Arbeitsleben zu gewährleisten und einer weiteren Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen.

LITERATUREMPFEHLUNGEN UND LESETIPPS

  • Kaluza: Stressbewältigung – Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung, Springer Verlag.
  • Koch, Lehr & Hillert: Burnout und chronischer beruflicher Stress
  • Pelz: Kompetent führen.
  • Techniker Krankenkasse: Der Stress. Stressoren erkennen, Belastungen vermeiden, Stress bewältigen. Hamburg: Eigenverlag.

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